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Das Unwort des Jahres:

Klimaterroristen

Sprache und Denken hängen eng miteinander zusammen. Wir denken in Begriffen. In Worten. Worte sagen also etwas über unser Denken aus. Und mit dem Denken erklären wir uns die Welt. Deshalb ist der bewusste Gebrauch von Sprache so wichtig. Deshalb zählt manchmal jedes Wort. Weil ein Wort verletzen kann. Weil ein Wort Unfrieden stiften kann.

Um darauf aufmerksam zu machen, wählt eine Runde von 5 Sprach-Expert*innen jedes Jahr das Unwort des Jahres. Ein Unwort ist ein Wort, das es besser nicht geben sollte. Das Unwort des Jahres ist ein Wort, das sachlich nicht angemessen ist oder das gegen die menschlichen Werte verstößt.
Das aber trotzdem häufig in der Öffentlichkeit gesagt wird und vielen Menschen bekannt ist. Und es ist ein Wort, das gesellschaftlich wichtig ist. 2022 war dieses Unwort das Wort „Klimaterroristen“.

Begründung der Wahl

Die 5 Sprach-Expert*innen kritisieren die Verwendung des Wortes. Warum? Sie sagen: Menschen, die für das Klima kämpfen sind keine Terrorist*innen. Terrorist*innen sind kriminell.Terrorist*innen verfolgen ihre Ziele gegen die Gesetze des Staates. Sie nehmen Zerstörung und sogar Mord in Kauf. Wenn gewaltlos protestierende Klima-Aktivist*innen als Klima-Terrorist*innen bezeichnet werden, wird ihnen Staatsfeindlichkeit unterstellt. Sie werden so zu einer angeblichen Bedrohung, vor der sich ein Staat schützen muss. Die eigentliche Bedrohung jedoch ist der Klima-Wandel. Die aber tritt durch die Bezeichnung Klima-Terrorist*innen in den Hintergrund. Der Umgang mit den Menschen, die protestieren, wird so wichtiger als die Gründe für den Protest. So die Begründung der Expert*innen.

Reaktionen auf die Wahl

Wer sich selbst auf die Straße klebt oder Bilder mit Kartoffelbrei bewirft, ist kein Terrorist“, meint Werner Eckert vom Süd-West-Rundfunk.
Für ihn ist es eine gute Wahl. Im Radio und Fernsehen hört man den Begriff zwar weniger, dafür aber umso mehr in den Kommentaren
der sozialen Medien. Dort macht er Stimmung, so Eckert.

Thomas Steiner von der Badischen Zeitung sieht die Wahl hingegen kritisch. Er meint: Das Wort ist nicht allgemein gebräuchlich. sondern es sind vorrangig rechte Politiker*innen, die es gebrauchen. Die Wahl stellt das Wort erst ins Rampenlicht. „Klug ist das nicht“, schreibt er.

Unterschiedliche Meinungen also. Aber in jedem Fall diskutieren die Menschen über den Umgang mit Sprache. Und das ist gut so.

Weitere Infos zur Wahl Unwort des Jahres finden Sie hier.

Bernd Neubauer

Erschienen im DURCHBLICK Februar 2023