
Foto: Bernd Neubauer
Straßen mit Vergangenheit
Braucht Göttingen neue Straßen-Namen?
Viele Straßen haben den Namen von Personen. Auch in Göttingen ist das so. Über 300 Straßen haben den Namen von Personen.
Warum haben Straßen Namen von Personen?
Wenn eine Straße nach einer Person benannt wird, ist das ein Zeichen der Anerkennung für die Person. Die Person nennt man dann auch Namens-Pate. Aber: Man kann erst nach dem Tod Namens-Pate werden. In Göttingen hat die Mehrheit der Namens-Paten einen Bezug zu Göttingen oder der Universität: Sie haben in Göttingen gelebt oder gearbeitet. Oder sie haben etwas Gutes für Göttingen oder die Universität erreicht.
Warum sollen die Straßen umbenannt werden?
Heute haben wir auf viele Themen eine andere Sichtweise als zu früher. Zum Beispiel auf National-Sozialismus, Kolonialismus und Diskriminierung. Viele Straßen-Namen wurden deshalb bereits geändert.
Zum Beispiel: In der Zeit vom National-Sozialismus wurden 70 Straßen in Göttingen nach National-Sozialisten benannt. Das hat man nach dem Zweiten Welt-Krieg wieder geändert. Aber andere Straßen-Namen sind geblieben. Manchmal ist die Entscheidung schwer: Soll eine Person Namens-Pate bleiben?
Das liegt daran: Einige Namens-Paten haben große Leistungen erbracht. Die Leistungen sind ein Grund, die Namens-Paten zu ehren. Aber sie haben auch Fehler gemacht. Die Frage ist: Wie schwer sind die Fehler? Sind die Fehler ein Grund, die Straßen umzubenennen?
Um welche Straßen geht es?
Es geht um insgesamt 23 Straßen-Namen. Ein Beispiel ist die Wilhelm-Raabe-Straße in Geismar. Wilhelm Raabe war ein deutscher Schriftsteller. Er hat von 1831 bis 1910 gelebt. Er hat etwa 70 Bücher und Geschichten geschrieben. In seinem Buch Hunger-Pastor schreibt er über einen Juden. Damals gab es viele Vorurteile über Juden. Wilhelm Raabe verwendet diese Vorurteile. Er gibt dem Juden zum Beispiel einen schlechten Charakter. Wilhelm Raabe war also gegen Juden. Das ist nicht in Ordnung. Und es ist ein Grund, die Wilhelm-Raabe-Straße anders zu nennen.
Gründe gegen die Umbenennung
Es gibt aber auch Gründe gegen die Umbenennung von Straßen. Zum Beispiel:
- Straßen-Namen sind eine Gelegenheit zum Reden. Die Namens-Paten waren einmal bedeutend. Man kann über die Namens-Paten reden: über ihre guten Eigenschaften und ihre schlechten Eigenschaften.
- Die Umbenennung hat auch wirtschaftliche Folgen. Die Firmen in der Straße müssen alle Dokumente, auf denen die Firmenadresse steht, verändern. Zum Beispiel Werbung und Visiten-Karten. Dadurch entstehen viel Arbeit und Kosten.
Wer entscheidet über die Straßen-Namen?
Es gibt Gründe für und gegen die Namens-Änderungen. Am Ende entscheidet der Stadt-Rat.
Erschienen im DURCHBLICK Juli 2021
Anne Quabeck